Drei Fragen an: Martina Kraft, Qualitätsmanagement

Martina Kraft ist ausgebildete Krankenschwester und Respiratory Therapist, hat ein Diplom und einen Masterabschluss in Pflegemanagement und befindet sich aktuell im Masterstudiengang Pflegepädagogik.

Seit dem 1. Februar 2019 ist sie für das Qualitätsmanagement bei ascleonCare zuständig.

Liebe Frau Kraft, durch die neuen Prüfkriterien werden mehr personenbezogene Daten als zuvor erhoben. Müssen sich die Bewohner stationärer Pflegeeinrichtungen ab sofort Sorgen darüber machen, dass diese sensiblen Daten in falsche Hände geraten könnten?

Martina Kraft: Nein, das müssen sie auf keinen Fall! Das Thema Datenschutz wird sehr ernst genommen und die Anonymität der sensiblen Daten wird durch eine Pseudonymisierung sichergestellt. Das bedeutet, dass jeder Bewohner ein Pseudonym bekommt, das sich aus 12 Ziffern zusammensetzt. Die ersten 6 Ziffern stellt die Einrichtungs-ID dar, zum Beispiel 682014. Die weiteren 6 eine bewohnerbezogene sechsstellige Nummer, zum Beispiel 000005. So ist ein Rückschluss auf die realen Personen quasi ausgeschlossen.

Nur die Einrichtung selbst kann Rückschlüsse auf die realen Personen ziehen. Jedoch sind alle Mitarbeiter vertraglich an die Schweigepflicht gebunden, sodass sie niemandem Auskunft über die Daten geben dürfen.

Unter anderem muss der Einsatz von Leiharbeitern von den stationären Einrichtungen genannt werden. Kann dieser Ihrer Meinung nach als Qualitätsindikator herangezogen werden oder ist hier nicht eher ein übergeordnetes Problem des akuten Fachkräftemangels in der Pflege zu sehen?

Martina Kraft: Der Einsatz von Leiharbeitern wird zwar ab sofort als Qualitätsindikator herangezogen, wird aber angesichts des Fachkräftemangels in den Pflegeberufen nicht vermeidbar sein. Solange die Politik hier nicht tätig wird, wird der Einsatz von Leiharbeitern nicht weniger, daran ändert auch ein Ausschluss von Freiberuflern in den Rahmenverträgen nichts.

Das mag nun negativ für die anstehenden Bewertungen der Einrichtungen klingen, aber aus meiner Sicht fällt dieser Aspekt nur marginal ins Gewicht. Denn da fast alle Einrichtungen nicht auf den Einsatz von Leiharbeitern verzichten können, wird der Durchschnitt entsprechend hoch sein. Und da sich die Gesamtbewertung eben an diesem Durchschnittswert orientiert, wird der individuelle Endwert für die Einrichtungen nicht negativ ins Gewicht fallen.

Denken Sie, dass die Ergebnisse, die künftig sehr transparent für die Öffentlichkeit zugänglich sind, diese in der Wahl eines Pflegeheims beeinflussen wird?

Martina Kraft: Auf den ersten Blick ist es natürlich ein toller Gedanke, dass künftig anhand der transparenten Bewertungen eine Wahl des Pflegeheims stattfinden kann. So ähnlich wie beim Einkauf auf den bekannten Online-Plattformen nach Bewertungen geschaut wird. Allerdings gibt es in der Praxis eine ganz klare Hürde: Die Wartelisten der Einrichtungen sind alle gefüllt, es gibt einfach zu wenig stationäre Heimplätze. Und wohin mit „Oma“, wenn es keinen anderen Platz gibt als in einem Heim, dessen Bewertung unter dem Durchschnitt liegt?

Außerdem sehe ich noch ein anderes grundlegendes Problem in der Interpretation die Ergebnisse. Denn die Basis der Bewertung ist immer der Bundesdurchschnitt. Wird dieser schlechter, was mit zunehmendem Fachkräftemangel nicht auszuschließen ist, sinkt somit die gesamte Qualität – und das, ohne dass die Bewertung schlechter wird.

Vielen Dank für das Gespräch, liebe Frau Kraft.